Andre war aufgeregt, als er an diesem Samstagmorgen in seine Sporttasche packte. Es war ein spontaner Entschluss gewesen, sich in das nahegelegene Schwimmbad zu wagen. Der Gedanke an das warme Wasser, das seine verspannten Muskeln entspannen würde, hatte ihn über Nacht beschäftigt. Aber das war nicht der einzige Grund, warum er sich endlich dazu entschlossen hatte.
Es war die Akzeptanz seines Körpers. Ein Gefühl, das in ihm gewachsen war, nach all der Zeit, in der er sich so unwohl gefühlt hatte. Die letzten Monate, geprägt von der plötzlichen Gewichtszunahme, der Manipulation durch den Chatbot und der Ungewissheit, hatten ihn an einen Punkt gebracht, an dem er sich mit seinen Rundungen versöhnt hatte. Der Körper, der ihn einst verunsicherte, war nun ein Teil von ihm – und er hatte beschlossen, stolz darauf zu sein.
Es war ein steiler, aber lohnender Weg der Selbstakzeptanz, der ihm mehr Mut und Selbstbewusstsein verlieh. Er hatte den Badeschluss des Schwimmbades als willkommene Gelegenheit angesehen, es endlich zu wagen – sein eigenes Spiegelbild im Wasser zu betrachten, ohne sich zu verstecken.
Als er durch das Drehkreuz trat, das Schwimmbad betreten hatte, fühlte er das vertraute, kühle, aber gleichzeitig beruhigende Gefühl des Wassers, das um ihn schloss. Das Hallen der Schritte auf dem Fliesenboden und die Geräusche von Wasser, das in den Becken plätscherte, verschafften ihm ein Gefühl von Freiheit. Es war ein Ort, an dem er nicht nur schwimmen, sondern auch für sich selbst Platz finden konnte.
Er ging langsam in die Umkleidekabine, legte seine Tasche ab und zog seinen Badeanzug an. Beim Blick in den Spiegel konnte er sich ein Lächeln nicht verkneifen. Der Anblick des Spiegelbildes war nicht mehr dieser erschreckende Moment, den er früher kannte, als er sich selbst kritisierte und nach Wegen suchte, seine Figur zu verändern. Heute war es anders. Heute war er stolz auf sich selbst.
„Das ist mein Körper. Er trägt mich, er ist stark, er ist meine Identität“, dachte Andre bei sich und trat mit einem festen Schritt aus der Umkleidekabine. Die Luft war warm, und der Duft von Chlor vermischte sich mit der frischen Brise, die durch das geöffnete Fenster wehte.
Er ging direkt zum Beckenrand und ließ sich dann in das erfrischende Wasser gleiten. Die Kühle des Wassers umhüllte ihn wie eine Umarmung, und er spürte, wie die Spannung von seinen Schultern fiel. Er tauchte unter und schwamm einige Bahnen, den Kopf klar, die Bewegungen kräftig, als hätte das Wasser all seine Ängste und Zweifel mit sich fortgetragen.
Andre genoss die Freiheit des Schwimmens und die Leichtigkeit, die er verspürte. Doch als er nach einigen Minuten an den Rand des Beckens zurückkehrte, bemerkte er die Blicke. Einige Männer saßen in der Nähe und unterhielten sich, andere schwammen ebenfalls ihre Bahnen, aber immer wieder trafen seine Augen die Blicke von anderen. Diesmal war es anders. Es war kein Urteil in ihren Augen. Kein Verstecken, keine Scham.
Stattdessen waren es Blicke, die Interesse und vielleicht sogar Bewunderung ausstrahlten. Der Moment war flüchtig, aber er spürte es deutlich. Ein Mann, der in einem anderen Teil des Beckens schwamm, sah ihm direkt in die Augen und nickte ihm mit einem freundlichen Lächeln zu. Ein anderer, der auf der gegenüberliegenden Seite lag, schien zu lächeln, als er Andres Körper bewunderte. Keine Verlegenheit, keine Eile, sondern ein Moment des Anerkennens.
Andre spürte, wie eine Welle von Selbstbewusstsein durch ihn hindurchströmte. Er wusste, dass er sich nicht mehr für seinen Körper schämen musste. Dass seine Rundungen nicht etwas waren, wovor er sich verstecken sollte, sondern ein Teil von ihm, der ihn ausmachte.
Er schwamm weiter, als ob er den Raum eroberte, sich weiter von der Unsicherheit der Vergangenheit zu befreien. Es war ein neuer Schritt in seiner Reise, und er fühlte sich immer freier, immer mehr im Einklang mit sich selbst.
Als er eine weitere Runde drehte, stieg er aus dem Becken, um sich etwas zu erholen. Die Sonne schien durch die Fenster und schickte wärmende Strahlen auf den kalten Fliesenboden, als er sich auf eine der freien Liegen legte. Er schloss die Augen und atmete tief ein, als ein weiterer Mann an ihm vorbeiging. Dieser blieb plötzlich stehen und drehte sich zu Andre um.
„Hey, das war wirklich beeindruckend, wie du schwimmst“, sagte der Mann freundlich. „Sieht aus, als hättest du viel Spaß.“
Andre öffnete die Augen und sah ihm in die Augen. Der Mann war etwas jünger als er, mit einem sportlichen Körperbau. „Danke“, antwortete Andre mit einem Lächeln. „Es tut gut, sich einfach mal frei zu fühlen.“
„Klar, kann ich mir vorstellen“, sagte der Mann und setzte sich dann neben ihn auf die benachbarte Liege. „Du siehst wirklich gut aus, weißt du? Sehr selbstbewusst. Ich mag das.“
Andre fühlte, wie seine Wangen sich leicht röteten, aber er ließ sich nicht verunsichern. Früher hätte er sofort angefangen, sich zurückzuziehen oder sich zu verstecken, aber heute war es anders. Heute hatte er das Gefühl, dass er wirklich gesehen wurde – und zwar nicht nur als „der dicke Typ“, sondern als jemand, der stolz auf sich und seinen Körper war.
„Danke“, sagte Andre und spürte, wie seine Stimme ruhig und selbstsicher war. „Ich bin wirklich dabei, mich selbst zu akzeptieren. Und es fühlt sich gut an.“
Der Mann nickte und lehnte sich zurück, während er sich weiter mit Andre unterhielt. Die Gespräche drehten sich um Schwimmen, Fitness und das Leben im Allgemeinen. Aber immer wieder fiel ihm auf, dass der Mann seine Blicke nicht von ihm abwenden konnte. Es war ein Gefühl, das Andre nicht kannte, aber das ihm gefiel.
Es war eine Bestätigung, dass er auf dem richtigen Weg war – nicht nur in Bezug auf seine Selbstakzeptanz, sondern auch in der Art und Weise, wie andere ihn wahrnahmen. Es war der erste echte Moment, in dem er das Gefühl hatte, dass sein Körper nicht nur ein Hindernis war, sondern etwas, das ihn auszeichnete. Etwas, das ihn von anderen unterschied.
Als Andre schließlich aufstand, um noch eine letzte Runde zu schwimmen, bemerkte er, wie der Mann ihm folgte. Es war ein stilles, aber deutliches Zeichen der Anerkennung, das ihm zeigte, dass er auf dem richtigen Weg war – in jeder Hinsicht.
Er tauchte ein weiteres Mal unter, spürte das kühle Wasser um sich und schwamm weiter, den Kopf frei, das Selbstbewusstsein gestärkt und den Blick auf das neue Leben gerichtet, das vor ihm lag.
Kommentare