Dienst nach Vorschrift - 3

Wie zu erwarten verlief die Kontrolle im griechischen Restaurant “Akropolis” ohne Beanstandungen. Der Chef von Florian war darüber hoch erfreut.

“Endlich mal wieder ein Grieche, zu dem man mit gutem Gewissen gehen kann.” Florian musste sich ein Schmunzeln verkneifen.

Er hatte ja auch schon da gegessen und die Küche war gut, aber so steril hygienisch, wie sie es am Kontrolltag vorgefunden hatten, war sicher nicht die Alltagssauberkeit. Aber da die Lebensmittelvorschriften in Deutschland ohnehin sehr hoch waren, ließ sich auch mit ein paar Abstrichen dort noch gefahrlos Essen. Als Florian um 16 Uhr Feierabend machte und durch die Straßen in Richtung seiner Wohnung ging, hielt auf einmal ein weißer BMW neben ihm. Das Fenster der Beifahrerseite wurde heruntergelassen und Karim beugte sich herüber und winkte.

“Hey, kann ich dich ein Stück mitnehmen?” Florian überlegte kurz, dann fragte er:

“Wo fährst du denn hin?”

“Sag mir wo ich hinfahren soll.”

“Ok, vielleicht zur Bergstraße? Da wohne ich.”

“Wird gemacht.” sagte Karim und Florian stieg ein. Also sie ein paar Meter gefahren waren, sagte Karim: “Danke nochmal für den Tipp mit der Kontrolle. Also wenn du wieder mal solche Infos für mich hast, nehm’ ich immer gerne.”

“Kein Ding.” sagte Florian.

“Gerne auch von andern Läden als meine eigenen, ich kenne ja viele der Besitzer und ein paar sind gute Freunde.”

“Wird gemacht.” meinte Florian.

“Cool, Mann.” sagte Karin. Er bog in die Bergstraße ein. “Du läufst diesen weiten Weg von hier aber nicht jeden Tag zu Fuß, oder?” fragte er Florian.

“Doch, eigentlich schon.” meinte Florian.

“Hast du kein Auto?” fragte Karim überrascht.

“Nö, das lohnt sich für mich nich’.” meinte Florian.

“Na du ich hab meine Lieferjungs den ganzen Tag in der Stadt herumfahren, die können dich gerne abholen und zur Arbeit bringen, wenn du magst. Is’ nicht immer BMW aber immer noch schneller und bequemer als gelaufen.” Karim griff unter die Sonnenblende und gab Florian eine Visitenkarte. Die Karte war blau, auf der Vorderseite die Grafik eines Autos, auf der Rückseite eine Handynummer. “Schick einfach eine SMS mit der Adresse, an der dich jemand abholen soll und ein paar Minuten später kommt wer.”

“Cool, das ist nett!” sagte Florian und steckte die Karte ein. Dann stieg er aus und Karim winkte ihm noch durch die Windschutzscheibe zu, bevor er weiterfuhr.

Einige Tage später stand Florian morgens vor dem Spiegel im Flur und stylte sich noch ein wenig die Haare. Es war halb 8 Uhr und er war schon knapp dran. Da fiel sein Blick auf die Karte vom Lieferservice, die er hinter den Rahmen des Spiegels geklemmt hatte. Es war sicher noch zu früh, aber andererseits würde ihm so ein Angebot gerade jetzt sehr gelegen kommen. Er schickte also eine SMS mit seiner Adresse, zog sich noch die Schuhe an, nahm seine Tasche und ging nach unten. Er stellte sich vor dem Haus auf den Bürgersteig und blickte auf sein Handy. Es war 7:36. Bis 7:40 könnte er noch warten, dann wäre er aber auch schon so spät, dass er schnell laufen müsste. Es wurde 7:37, 38, 39 - Florian hippelte schon von einem Fuß auf den anderen. Doch plötzlich bog ein Auto um die Ecke, da auf der Seite mit der Aufschrift “Peppitos Pizza” bedruckt war. Florian ging einen Schnitt nach vorne auf die Straße, um zu signalisieren, dass er es war, der abgeholt werden sollte. Das Lieferauto hielt an und der Fahrer winkte ihn hinein. Florian öffnete die Tür und setzte sich.

“Wohin solls gehen?” fragte der Fahrer freundlich.

“Kantraße 18, zum Gesundheitsamt.”

“Alles klar.” sagte der Fahrer und fuhr los. Dann griff er neben sich und reichte Florian eine Tüte vom Bäcker. “Mit schönen Grüßen von Karim.” Überrascht öffnete Florian die Tüte. Darin waren drei belegte Brötchen und zwei Teilchen. Das kam ja wie gerufen, denn er hatte heute außer einem Kaffee noch nichts gegessen. Hungrig biss er in das erste Brötchen. Als sie am Gesundheitsamt ankamen und der Fahrer ihn absetzte, hatte Florian schon zwei Brötchen verspeist. Es war 7:50 Uhr, also lag er topp in der Zeit. Nachdem er sich eingestochen hatte, führte ihn sein erster Gang in die Küche zur Kaffeemaschine. Dort füllte er sich einen großen Becher mit Kaffee und setzte sich damit und mit einem Teilchen an den Schreibtisch.

Gegen 10 Uhr aß er dann das letzte Brötchen und Nachmittags dann das letzte Teilchen. Als es gegen Ende seines Arbeitstages ging, schickte er wieder eine SMS an den Lieferdienst. Dann stellte er sich unten an die Straße und nach einigen Minuten kam auch wieder ein Auto angefahren. Diesmal war es “Mins-Asia-Express”. Florian öffnete die Tür und roch schon den Duft von gebratenen Nudeln. Der kam aus einer Tüte, die auf dem Beifahrersitz stand.

“Warten, ich nehme hoch.” sagte ein freundlich lächelnder Asiate. “Ist für dich von Karim.” Dann wartete er, bis sich Florian gesetzt hatte und reichte ihm wieder die Tüte. “Wo soll gehe hin?” Florian nannte seine Adresse und der Asiaflitzer setzte sich in Bewegung. Florian blickte kurz in die Tüte. Unten waren zwei mit Alu verschweisste Styroporschalen und oben drauf noch eine Nudelnbox. Da meinte es Karim aber wirklich gut mit ihm. Doch er hatte gerade auch richtigen Hunger, also kam ihm das ganz gelegen. Zuhause ging er mit der Tüte gleich in die Küche und schaute nach, was sich in den beiden Schalen befand. In der einen war Ente süß-sauer mit Reis und in der anderen Hähnchen in Currysoße mit Reisnudeln. Und dann noch die Nudelbox.

Florian entschied sich mit der Ente zu beginnen. Dann aß er noch die Nudelbox, danach war er aber pappsatt. Das Hähnchen würde er später in die Mikrowelle tun. Er setzte sich erstmal auf die Couch vor den Fernseher und zappte ein bisschen. So nach einer Stunde bekam er aber dann doch wieder leicht Hunger und so war er froh, dass da noch eine Hähnchenschale auf ihn wartete. Er kippte den Inhalt schnell auf einen Teller und stellte ihn kurz in die Mikrowelle.

Am nächsten Morgen ließ sich Florian wieder von dem Lieferservice abholen. Als er sich auf den Beifahrersitz - diesmal war es ein Kaffee-Bringdienst - setzte, merkte er, wie sein Hemd etwas spannte. Nun gut, er hatte gestern aber auch wirklich reichlich zugeschlagen, allein das Abendessen war schon sehr üppig. Nichtsdestotrotz griff er gierig in die Bäckertüte, die ihm der Fahrer reichte. Es war diesmal von einer anderen Bäckerei, aber wieder drei belegte Brötchen und zwei Teilchen. Noch mit kauenden Backen ging Florian die Treppe zu seinem Büro hoch.

Heute war wieder einmal Besprechung der Kontrollen und diesmal notierte Florian sich alle Namen. Anschließend wieder an seinem Schreibtich schickte er Karim die Liste in zwei SMSen. Kurz darauf kam ein Smiley zurück.

Um kurz nah 16 Uhr schickte Florian wieder eine SMS, um abgeholt zu werden. Statt einem Lieferdienst kam aber diesmal Karims weißer BMW angefahren. Florian wunderte sich erst etwas, doch dann stieg er ein.

“Hey, heute der Chef persönlich?” fragte Florian und grinste.

“Ja hat sich gerade angeboten.” sagte Karim. “Wo gehts hin?”

“Nach Hause, Bergstraße.”

“Alles klar.” sagte Karim. “Und danke nochmal für die SMS, sind paar gute Freunde von mir dabei. Würde mich gerne bei dir revanchieren. Magst du Wellness? Es gibt einen richtig geilen Hamam in der Stadt, da kann man sich auch noch massieren lassen und das volle Entspannungsprogramm. Hast du mal Lust drauf?”

“Hm, klingt verlockend.” sagte Florian. “Ehrlich gesagt war ich noch nie in so einem Haman, aber hört sich gut an.”

“Cool, dann lass uns doch die Tage mal Abends nach der Arbeit hingehen, da kannst du dir gleich die ganzen Verspannungen von der Schreibtischsitzerei rausmassieren lassen. Passt Freitag?”

“Ja, das passt gut.” sagte Florian.

“Sehr gut.” sagte Karim. Dann bog er auf einmal ab und verließ die eigentliche Route, die zu Florians Wohnung führen würde. Doch kurz darauf hielt er auch schon vor einer Dönerbude an. Sofort kam einer der Mitarbeiter raus und reichte ihm durch das Fenster eine Tüte. “Ich hab mir mal erlaubt noch einen kleinen Snack für dich zu ordern, wenn das ok ist?”

“Hey, du verwöhnst mich.” sagte Florian. “Bald muss ich mir dann sicher neue Klamotten kaufen.” scherzte er. Karim schmunzelte kurz.