Normalerweise musste Gregor irgendwann
Nachts zur Toilette, wenn er sich Abends vollgestopft hatte. Aber
diese Nacht schlief er durch wie ein Murmeltier. Die Sonne war schon
weit in ihr Zimmer gewandert und erwärmte nun eine Seite seines
Gesichts. Er öffnete die Augen und suchte blinzelnd nach
Anhaltspunkten, wo er sich befand.
Langsam dämmerte ihm wieder, dass
sie gestern Unterschlupf in diesem Haus im Wald gefunden hatten.
Schlagartig war er wach und richtete sich im Bett auf. Das ging heute
ungleich schwieriger, denn sein Bauch war scheinbar ein gutes Stück
gewachsen und bildete eine kleine Kugel über seinen Schenkeln. Neben
ihm lag Hans, der friedlich vor sich hin atmete. Gregor schwang sich
aus dem Bett, fischte seine Unterhose und das T-Shirt vom Boden und
schlich aus dem Zimmer. Im vorbeigehen blickte er kurz in das zweite
Schlafzimmer doch die Laken waren unberührt, als hätte niemand
darin geschlafen. Er tappste die Treppe hinunter und kam in die
Küche. Auch hier war niemand. Er drückte den Türgriff zum
Wohnzimmer runter und wunderte sich ein wenig, wieso ihm das Metall
in seiner Hand so kalt vorkam. Irgendwie hatte er diese Tür anders
in Erinnerung, aber seis drum. Auch in dem Hauptraum des Hauses war
niemand. Dafür standen neben der Tür flauschige Pantoffel, die ihm
gestern gar nicht aufgefallen waren. „Nun ja“, dachte Gregor
sich, „vielleicht finde ich ja draußen jemanden.“
Er schlüpfte in die Pantoffel und ging
hinaus in den Vorgarten. Jetzt bei Tageslicht fiel ihm erst auf, wie
üppig und reichhaltig die Blumenpracht war. Ein kleiner
Kieselsteinweg führte ums Haus herum. Gregor folgte dem Pfad. Der
Garten hinter dem Haus war riesig. Gregor konnte gar nicht bis zum
Zaun am anderen Ende sehen, nur die Tannen dahinter ragten über die
Obstbäume und Hecken. Direkt an der Rückseite des Hauses war ein
großer Backofen gemauert, in dem anscheinend früher Brot gebacken
wurde. Von hier konnte er auch durch das Fenster in die Küche sehen.
Er blickte hinein und war einen Moment der Meinung, jemand die Treppe
hinauf huschen gesehen zu haben.
Vom Backofen aus führte der
Kieselsteinweg weiter durch den Garten. In einer kleinen Laube aus
Hopfen war ein gemauerter Brunnen. Neugierig blickte Gregor hinein,
um zu sehen wie tief er war. Der Brunnen schien noch in Gebrauch zu
sein, denn es gab eine Kurbel und einen Eimer an einem Seil. Gregor
ließ den Eimer hinab und hörte ihn nach einigen Metern platschend
versinken. Als er wieder kurbelte und ihn nach oben zog, roch es
plötzlich ganz eigenartig. Das Wasser in dem Eimer sah trüb und
bräunlich aus, mit Schaum oben drauf. Gregor stellte den Eimer auf
dem Brunnenrand ab und betrachtet die Flüssigkeit vorsichtig. Jetzt,
wo sie so dicht vor seine Nase stand, roch sie eigentlich gar nicht
mehr so seltsam. Er kannte diesen Geruch und wie er sich dem Rand
immer mehr näherte, wurde ihm klar, mit was der Brunnen angefüllt
war. Vorsichtig setzte er die Lippen an den Rand des Eimers und nahm
einen kleinen Schluck. Das Bier hatte genau die richtige
Trinktemperatur. Der Malzgehalt war hoch und es schmeckte mild und
erfrischend. Gregor nahm größere Schlucke, so gut war dieses Bier
und bald setzte er einfach nur den Eimer an und kippte die
Flüssigkeit in sich hinein. Gut drei Liter fasste das Gefäß doch
Gregor konnte es irgendwie einfach in sich hineinlaufen lassen.
Danach rülpste er so laut, dass einige Vögel im Garten erschreckt
aufflatterten und das Echo die ganze Lichtung erfüllte. Auch Hans
erwachte davon.
Nun begann auch schon die Wirkung des
Biers einzusetzen. Gregor brauchte dringend etwas zu essen. Wie
gerufen kam ihm da dieser Geruch von frischgebackenen Brezeln. Er
folgte dem Duft und siehe da, der Backofen an der Rückseite des
Hauses war angeheizt und auf einem Blech in der Mitte über der Glut
lagen gerade verzehrfertige Laugenbrezeln. Gregor fischte die Brezeln
vorsichtig heraus und legte sie auf einen Tisch, der zwischen zwei
Lorbeerbüchen stand. Gierig schlang er die ersten beiden hinunter,
als plötzlich das Fenster der Küche geöffnet wurde. Erschrocken
drehte er den Kopf, doch zu seiner Beruhigung war es nur Hans, der
mittlerweiel aufgestanden war.
„Du sag mal hast du die Würste hier
drin gekocht?“ fragte er Gregor.
„Welche Würste?“ fragte der mit
hochgezogenen Augenbrauen. „Ich hab da eben noch keine Würste
gesehen. Aber die würden grade gut passen, hab nämlich frische
Laugenbrezeln hier draußen.“
„Na dann bring ich sie mal raus.“
sagte Hans. Wenige Augenblicke später kam er mit einer großen
Platte Weißwürsten und einem Steinguttopf süßem Senf um die Ecke.
„Irgendwie steht hier in dem Haus immer Essen herum, was
Augenblicke vorher noch nicht da war.“
„Ja genau wie die Brezeln. Aber sind
echt gut, nimm mal eine.“ Gregor reichte Hans eine Brezel und der
biss abwechselnd in die Wurst, die er gerade von der Platte genommen
hatte und die Brezeln hinein.
„Hm, sehr gut.“ sagte er. Im
Gegensatz zu Gregor hatte Hans sich sogar seine Hose angezogen, wobei
der oberste Knopf offen stand und auch der darunter bereits spannte.
Wie Gregor hatte auch er von der gestrigen Schlemmerei einige
Zentimeter mehr an Bauchumfang bekommen. „Das einzige was jetzt
noch fehlt ist ein kaltes...“
„Geh mal zum Brunnen da drüben.“
meinte Gregor grinsend. Hans blickte ihn kurz an, als hätte er einen
Witz gemacht, dessen Pointe er nicht verstanden hatte. Aber dann ging
er zum Brunnen und drehte die Kurbel. Wie bei Gregor vorhin kam ein
Eimer voll schäumenden Bieres hervor.
„Nein wie geil ist das denn!“ rief
Hans aus. Er blickte sich nach einem Tansportgefäß um und in der
Tat standen neben dem Brunnen zwei große Steinkrüge, in die er das
Bier umkippen konnte. Vorsichtig brachte er den Humpen zum Tisch
zurück. Gregor schob derweil seine dritte Wurst in den Mund, so
hungrig hatte ihn das Bier gemacht. Beide saßen nun am Tisch,
tranken einen Krug Bier nach dem anderen und stopften Würste und
Brezeln in sich hinein. Nach etwa einer Stunde der Fresserei konnten
sie aber kaum noch. Die Wurstplatt neigte sich auch gerade dem Ende
zu, wie als hätte jemand vorhergeahnt, wie groß ihr Appetit sein
würde. Schwerfällig erhob Gregor sich von der Bank und streckte
sich. Sein Bauch ragte dabei weit hervor.
„Du ich muss mal rein ins Bad, das
Bier sucht seinen Ausweg.“
„Ich schau derweil mal, ob im
hinteren Teil des Gartens irgendjemand zu finden ist.“ sagte Hans.
Gregor nickte nur, doch anscheinend schien ihn das gerade gar nicht
weiter zu interessieren. Auch Hans musste sich eingestehen, dass er
sich mittlerweile kaum noch wunderte, dass das Haus so verlassen lag.
Vermutlich ein Ferienhaus. Und das Essen und die ganzen Sachen, die
so plötzlich erschienen – ach was kümmerte ihn das schon. Der
Rausch des Bieres hatte ihn in einen Zustand der zufriedenen
Gleichgültigkeit versetzt. So war es ihm auch egal, dass nach ein
paar Schritten der zweite Knopf an seiner Hose absprang und sein
Bauch ein Stück weiter nach vorne sackte. Torkelnd folgte er dem
Kieselsteinpfad, den er wegen der ganzen Windungen und Hecken immer
nur ein paar Meter weit einsehen konnte. Nach wenigen Metern war er
aber schon so Müde, dass er auf einer Bank platz nahm, die unter
einem Apfelbaum stand. Die Erschütterung, die er beim hinsetzten
verursachte, reichte aus um einen der Äpfel vom Stiel zu schütteln.
Glücklicherweise landete er genau in Hans' Hand, der ihn auch
sogleich um Mund führte und hinein biss.
Kommentare
und eine ziemlich bedrohliche Gestalt macht unmissverständlich klar, dass die beiden ihr Gefängnis nur verlassen können, wenn sie sich einer mehrwöchigen Kur unterziehen.....