Hustend erlangte Lucas das Bewusstsein
wieder. Seine Augen brannten, in der Nase spürte er dieses scharfe,
unangenehme Gefühl vom Chlorwasser. Auch in den Ohren hatte er noch
Wasser, so dass er seine Umwelt nur gedämpft, wie durch eine dicke
Glasscheibe wahrnahm. Dann wurde er auf die Seite gedreht, damit das
restliche Wasser aus seiner Lunge auslaufen konnte. Langsam wurde die
Sicht klarer und er erblickte mehrere Personen um sich herum.
„Können Sie mich hören?“ fragte
einer der Männer ihn. Lucas nickte. „Haben Sie Schmerzen?“ Lucas
schüttelte den Kopf und durch diese Bewegung wurde auch das
restliche Wasser aus seinen Ohren geschüttelt. Jetzt konnte er
wieder glasklar hören und sehen. „Wie ist ihr Name?“ fragte der
Mann weiter. Lucas verstand die Syntax der Frage und wusste auch, was
er hätte antworten sollen. Wenn er nur gekonnt hätte. Sein Name. Er
überlegte, doch ihm fiel beim besten Willen nicht ein, wie sein Name
war. Der Mann fragte erneut, doch Lucas schüttelte lediglich den
Kopf. Jetzt hielt der Mann ihm drei Finger vor die Augen und fragte.
„Wie viele Finger halte ich hoch?“
„Drei.“ antwortete Lucas.
„Also Sehen, Hören und Sprechen
scheint zu funktionieren.“ meinte der Mann, der ihn untersuchte, zu
einem der Umstehenden gewandt. „Können Sie mir sagen, wie Sie
heißen?“ fragte er nun erneut an Lucas gerichtet.
„Ich muss kurz überlegen.“
antwortete Lucas. „Es fällt mir gleich wieder ein.“
„Das dauert mir zu lange.“ meinte
der Mann zu den beiden anderen, die neben ihm standen. „Ich lasse
ihn besser ins Krankenhaus bringen. Sie haben also auch keine Ahnung,
wer er ist?“
„Nein“, antwortete einer der
Beiden, der durchaus nicht schmal gebaut war. „Wir waren in der
Regenschauergrotte, als er plötzlich aufgetaucht ist und dann auch
direkt wieder versunken.“
„Können Sie einen Moment hier bei
ihm bleiben, und ihn bewachen während ich den Krankenwagen rufe?“
sagte der Bademeister, der Lucas eben befragt hatte. „Er soll bitte
liegen bleiben. Reden Sie am besten mit ihm, vielleicht kommt seine
Erinnerung ja gleich wieder zurück.“ Der Bademeister lief nun in
Richtung des Eingangs, wo sein Büro war. Die beiden Kerle hockten
sich derweil neben Lucas.
„Also wenn du deinen eigenen Namen
schon nicht weist, können wir dir ja zumindest unsere sagen. Ich
bin Carlos und das ist Nils.“ sagte einer der Beiden.
„Hallo.“ Sagte Lucas, denn etwas
besseres fiel ihm gerade nicht ein. „Seid ihr auch Ärzte?“
„Nein“ meinte Nils und musste
Lachen. „und der von eben ist auch kein Arzt sondern nur
Bademeister. Du weist noch, dass du in einem Schwimmbad bist?“
Lucas blickte sich um. Ja, eindeutig ein Schwimmbad. Aber wie war er
hier her gekommen?
„Wie bin ich hier hin gekommen?“
fragte er.
„Uiuiui.“ sagte Carlos. „Na da
hat jemand aber einen mächtigen Filmriss. Nun, wie du hier
hingekommen bist wissen wir auch nicht. Wir kennen dich eigentlich
auch erst, seit du hinter uns unter Wasser gegen eine Mauer geknallt
bist und wir dich dann aus dem Wasser geschleppt haben.“
„Weist du vielleicht noch, welche
Spintnummer du hattest?“ fragte Nils. „Vielleicht ist da ja dein
Portemonnaie mit deinem Personalausweis drin.“
„Mann, wenn er sich schon nicht an
seinen Namen erinnern kann, dann gewiss an seine Spintnummer.“
Carlos blickte Nils mit abfälligem Kopfschütteln an.
„107.“ schoss es plötzlich aus
Lucas hervor. „Meine Sachen sind in Spint 107.“
„Sowas nennt man wohl selektives
Erinnern.“ meinte Nils grinsend.
„Wartet mal.“ sagte Lucas und
tastete an seiner Badehose herum. An der Seite befand sich ein
kleiner Reißverschluss und dahinter eine Tasche, gerade groß genug
für ein paar Geldscheine oder eben – einen Schlüssel.
„Ah, jetzt wird die Sache
interessant.“ sagte Nils und ergriff den Schlüssel. „Na dann
wissen wir ja gleich mehr. Bleibst du hier bei unserem Patienten und
ich schaue mal nach, wie Mister Nobody heißt?“ Er nahm den
Schlüssel und lief in Richtung der Umkleiden. Seine Speck wackelte
dabei auf und ab und irgendwie gefiel Lucas der Anblick. Mittlerweile
war auch der Krankenwagen angekommen und nun kamen zwei Sanitäter zu
der Szenerie. Dem Bademeister war derweil damit beschäftigt, die
sich mittlerweile ansammelnden Schaulustigen zu verscheuchen.
„So dann schauen wir mal.“ Meinte
einer der Sanitäter und packte seine Tasche aus. Er führte ein paar
Tests mit Lucas durch, leuchtete ihm in die Pupillen, nahm seinen
Blutdruck und klopfte auf die Kniescheiben, um die Reflexe zu testen.
Alles war ihm grünen Bereich, nur der Erinnerungsverlust bestand
weiterhin.
„Also das beste wird sein, wir nehmen
Sie mal mit ins Krankenhaus.“ meinte der Sanitäter.
„Ah, vielleicht wissen wir gleich
mehr.“ sagte Carlos, als er Nils mit einem Arm voll Sachen
zurückkommen sah. „Und, was hast du gefunden?“
„Leider nichts mit seinem Namen
drauf.“ antwortete Nils. „Seine Klamotten und einen Schlüssel
mit einem Anhänger mit Geld darin. Noch nicht mal ein Handy war in
dem Spint.“
„Wer geht denn ohne Ausweis und Handy
aus dem Haus?“ meinte Carlos verwundert.
„Also wie ich das hier sehe“, sagte
der Sanitäter. „kann niemand eine Aussage über die Identität
dieses Mannes machen?“
„So ist es.“ antwortete Nils.
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