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Dekadenz 6

Seine Heiligkeit stand auf der Terrasse und Blickte über die vatikanischen Gärten hinaus in die Stadt. Er wartete auf schlechte Nachrichten und vertrieb sich die Gedanken bis zur Ankunft des Boten damit, die Augen zu entspannen und seinen Geist zu leeren. Die wirre, bunten Stadt zu seinen Füßen gab ihm dabei immer ein Gefühl der Ruhe und Geborgenheit. Manch anderer Herrscher fürchtete das Volk, denn es hatte in der letzten Zeit vermehrt Rufe nach Gleichberechtigung und Einreißen der Stände gegeben. Aber seine Stellung war anders als die eines jeden Monarchen. Er war kein Spross einer Dynastie, er wurde nicht mit seinen Vorfahren verglichen und musste keine erbschleichenden Nachkommen fürchten. Er war gewählt. Die einzige Reliquie der griechischen Demokratie stellte heute sein Amt dar. Dies war der eigentliche Quell seiner uneingeschränkten Macht, nicht die Tatsache dass er für Gott sprach. Die höchsten und weisesten Männer hatten sich für ihn entschieden und ihm die Führung der Welt anvertraut. Und so es in seiner Macht lag würde er sein Amt zum Besten ausüben.
Papst Julius IV konnte in dieser Einkehr nur wenige Minuten verweilen, als er die Glocke des Kurienkardinals hörte. Um den Papst nicht zu stören, indem man ihn direkt ansprach, läutete man zunächst mit dieser Glocke, und wartete auf Reaktion seiner Heiligkeit. Der Papst drehte sich um und der Kardinal schritt auf ihn zu. Zwei Meter von ihm entfernt blieb er stehen, bekreuzigte sich, und brach das Siegel einer Pergamentrolle. Man gab dem Papst nie etwas von außerhalb des Vatikans in die Hand, zu groß war die Gefahr eines Giftanschlages, und so las der Kardinal nun vor:

Eure Heiligkeit
,
mit wachsender Sorge beobachte ich die Verhältnisse, die ich Euch ja bereits in meinen letzten Schreiben berichtet habe. In der Abtei herrscht eine Dekadenz, die nicht im Wort Gottes geschehen kann. Ich bin in meinen Glaubensgrundfesten so verwirrt, dass ich mich frage, ob ich meinem heiligen Eid im Auge Gottes weiter standhalten kann.
In Erwartung Eures Rates,
Bonifazius


Der Kardinal blickte kurz auf, ob der Papst eine Reaktion auf das eben gehörte von sich geben würde. Er wollte sich schon wieder entfernen, als der Mann in Weiß zu sprechen begann.
"Wir müssen uns eine Lösung für St. Claudius einfallen lassen. Eine Abtei diesen Einflusses kann meine Doktrinen nicht anzweifeln. Bereitet mein Amtszimmer vor, ich wünsche ein Gespräch mit dem zuständigen Kardinal."
Der Kurienkardinal verbeugte sich und ging zurück in Richtung Petersdom, um das gewünschte Treffen zu arrangieren. Der Kardinal für die Nordfranzösichen Gebiete weilte schon seit einigen Monaten in Rom. So unruhig war das Klima momentan in einigen Teilen der christlichen Welt, dass die Kirchenoberhäupter den Schutz des Heiligen Stuhls vorzogen. Eigentlich war dieses Privileg nur den Kurienkardinälen und einigen auserwählten gegönnt. Anfangs hatte Papst Julius dies jedoch noch geduldet, aber nun sah er, dass es ohne die Vertreter vor Ort nicht ging. Sein Volk in Rom, ja in ganz Italien mochte ihm blinden Gehorsam schenken, doch anderswo war die Bindung an den alten Glauben am Aufweichen. Gerade die radikal puritanen Strömungen fanden in den ärmeren Provinzen Gehör. Das Volk hatte Sorgen und der starke Kontrast zwischen immer reicher und gieriger werdenen Klerus und den hungernden Bauern bot den Wanderpredigern fruchtbaren Boden. Waren sie einmal den neumodsichen Lehren verfallen konnten keine Höllendrohungen sie mehr zu Ablasszahlungen bewegen.
Als Kontrastprogramm steuerte der Papst mittlerweile mit noch radikalerer Trennung entgegen. Sein Ziel war es, die Lehren der Anderen ins Lächerliche zu ziehen und sie als umso fälschlicher darzustellen. Predigte Calvin von Verzicht so wieß Julius zu Maßlosigkeit an. Wo die Protestanten den Lohn im Leben nach dem Tod in Aussicht stellten, bewies der Klerus, dass er für sein vorbildliches Verhalten schon zu Lebzeiten belohnt wurde. Galt es in den Niederlanden Hungern wurde in den deutschen Klöstern gemästet. Julius hatte seinen perfiden Plan gut durchdacht und war sich dessen Erfolgs sicher. Die weltlichen Herrscher mochten in Schwäche und Fehlern untergehen - Rom war unfehlbar. Was auch immer er dem Volk verkaufte, es nahm ihm alles ab.



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