Frisch das Abi in der Tasche und bereit in den Uni-Rhythmus einzutreten - und was kommt dann? Da wird man noch mal schön aus dem Lernrhythmus rausgerissen und fast ein Jahr auf die „Verdummungsakademie“ geschickt. So ging es auch Paul. Obwohl er wirklich keinen großen Bock auf die Bundeswehr hatte entschied er sich notgedrungen doch dafür, damit er rechtzeitig zum Sommersemester des nächsten Jahres fertig war, was als Zivi nicht geklappt hätte. Das einzige was ihm diese Tatsache ein wenig versüßte war der Lupo den er deswegen von seinen Eltern geschenkt bekommen hatte, denn so konnte er wenigsten jedes Wochenende nach Hause fahren.
Sein erstes Zusammentreffen mit dem Soldatenleben verlief aber schon alles andere als zufriedenstellend. Bereits am Tor musste er sich einen dummer Spruch des diensthabenden Soldaten über sein neues „wohl von Mami geschenktes“ Auto anhören. Er fuhr weiter zum Parkplatz für die Soldaten und stellte sein Auto ab und ging er zum Empfang. Auf dem Weg dahin kreuzte er unabsichtlich den Marschweg einer Truppe und musste sich deswegen weitere scharfe Kommentare anhören. Am Empfang dann die nächste Station:
„So, Sie sind also der Herr Kern.“ Murmelte der Bedienstete während er im Computer nach Paul’s Daten suchte.
„Genau“ antwortete Paul.
„Das können Sie sich schon mal gleich abgewöhnen. Bei uns heißt das ’Jawohl’ und dann möglichst noch den Dienstgrad dahinter.“ Raunte der Mann zurück.
„Ok.“ Meinte Paul in einem nicht viel freundlicheren Ton zurück. Das hatte er sich geschworen, dass er sich nicht so anschnauzen lassen würde wie man es im allgemeinen vom Bund hörte. Er hatte immer gute Umgangsformen gehabt und war auch immer gute Umgangsformen anderer gewohnt gewesen. Es konnte ja schließlich nicht angehen dass man hier unter seiner Würde behandelt werden würde. Das hier eben ging ja noch gerade, das war man ja auch von so manchem Büro gewohnt (obwohl Paul auch dann, wenn er der Behörde nicht unabdingbar ausgeliefert war in einem solchen Fall schon des öfteren Streit angefangen und sich auch schon einige Male bei den Vorgesetzen derjenigen beschwert hatte). Aber sollte es hier zu größeren Ausrastern der Vorgesetzten kommen würde er nicht einfach stillschweigen. Zur Not, das hatte er sich als letzt Möglichkeit eingeplant würde er die Presse informieren und Gerichtlich vorgehen. Denn so, erhoffte er sich insgeheim, könnte er zum einen ein kleines finanzielles Sümmchen für Interviews mit den Medien erwarten und ausserdem vielleicht auch ein kleines Bisschen zur Abschaffung der Wehrpflicht beitragen.
Aber das war nicht sein Primärziel, er wollte eigentlich nur so schnell und unbeschadet wie möglich sein Studium anfangen.
„Wie heißt das?“ Der Mann hatte sich ruckartig herumgedreht und schaut ihn mit finsterem Blick an.
„Jawohl.“ Seufzte Paul genervt zurück.
„Na geht doch.“ Meinte der Mann und wandte sich wieder Pauls Akte zu. „Aha, Kanonenfutter.“ Sagte der Mann auf einmal und Blickte Paul grinsend an. Der war aber nur die Stirn in Falten und versuchte so anzudeuten, dass er nicht verstand was der Mann damit meinte.
„Abiturient. Klar?“ sagte der Mann und das Grinsen in seinem Gesicht wurde in bisschen breiter. „Aber keine Angst, ein paar von Euch überleben immer.“
„Sehr witzig!“ gab Paul schnippig zurück. Er konnte über solche herablassenden Äußerungen gar nicht lachen. Er hatte schon gehört das die Wehrpflichtigen zu einem Grossteil Hauptschüler oder noch größere Schwarzlichtleuchten waren und Abiturienten dementsprechend nicht zu den beliebtesten gehörten, aber dass er das schon hier am Empfang zu hören bekam ärgerte ihn dann doch. Er verkniff sich aber einen weiteren Kommentar denn er wollte das dieser Kerl ihm endlich sagte wo er hinmusste und er dann gehen konnte.
„Solche Problem haben wir mit solchen wie Dir immer am Anfang. Aber das wird sich schon geben.“ Paul sagte – nichts! „So,“ sagte der Mann und gab Paul einen Zettel in die Hand. „dann gehen Sie mal da die Treppe rauf und melden sich mit diesem Zettel in Zimmer 1.34.“
„Danke. Wiedersehen.“ Sagte Paul in einem bewusst überspitzt höflich Ton der das ganze ins lächerliche zog.
„Wie gesagt, das wird sich schon noch geben...“ rief ihm der Mann hinterher.
Paul klopfte an der Tür von 1.34 an.
„Herein!“ rief ein Stimme. Paul betrat den Raum. Es waren einige Medizinische Geräte darin und an einem Schreibtisch saß ein Mann in einem weißen Kittel. Paul ahnte was nun kommen würde. Die Untersuchung hatte er schon damals bei der Musterung als so was von menschenunwürdig angesehen, aber was sollte er dagegen tun.
„Guten Tag.“ Sagte Paul. Er war zwar gefasst wieder einen schnippigen Kommentar zurückzubekommen, so wie das auch schon bei fast jedem Beamten auf dem Kreiswehrersatzamt der Fall war, aber trotzdem wollte er es zunächst im Guten versuchen. Zu seiner Überraschung bekam er aber ein „Guten Tag“ zurück.
„Setzten sie doch bitte.“ Forderte ihn der Arzt auf. Nahm auf dem Stuhl gegenüber vor dem Tisch platz und reichte dem Arzt den Zettel. Der betrachtete ihn kurz, tippte dann etwas in seinem Computer ein und meinte: „So, Herr Kern. Sie treten also heute Ihren Wehrdienst an. Na, dann wollen wir mal sehen, ob sie auch tauglich sind. Sie kennen das ja wahrscheinlich noch von der Musterung , da drüber steht ein Paravent, dahinter befindet sich ein Hocker. Bitte komplett entkleiden, auch Socken und Unterhose.“ Wie Paul erwartet hatte. Er ging hinter den Paravent und zog sich aus. Dann trat er dahinter hervor und stellte sich vor den Schreibtisch des Arztes. Vor diesem Moment hatte er damals bei seiner Musterung große Angst gehabt, denn er fürchtete damals dass er einfach so eine Latte bekommen könnte, was natürlich einen merkwürdigen Eindruck gemacht hätte. Aber seit damals wusste er dass ihm das in allen Situationen ausser solchen passieren konnte, denn hier war er viel zu Aufgeregt um einen hochzubekommen. Der Arzt kam hinter seine Tisch hervor, hörte ihm mit seinem Stethoskop auf Brust und Rücken ab, schob ihm ein Holzstäbchen in den Rachen, untersuchte seien Augen und seine Ohren. Eine Blutprobe und eine Urinprobe verlangte der Arzt noch von ihm, sowie ein paar Tests zum räumlich und zum Farbsehen sowie zum Hören. Dann ging er zu den unangenehmern Teilen über, sprich er betastete Pauls Hoden, zog seien Vorhaut zurück und machte sich schließlich auch noch ein Bild von seiner Prostata, mit dem Bekannten Satz „und jetzt husten Sie mal“. Paul war das ganze genau so unangenehm wie
damals bei der Musterung, aber jetzt wusste er wenigstens was auf ihn zukommen würde und wie lange es dauerte. Dann ging’s ans Vermessen: Körpergrößer, Armlänge, Beinlänge, Fußlänge, Hals-, Brust-, Bauch- und Beckenumfang. Dann musste Paul sich auf eine Waage stellen.
„83 kg.“ Sagte der Arzt laut vor sich hin während er die Zahl in eine Tabelle eintrug. „Das waren aber bei der Musterung noch zwei weniger, gell?“
„Tja,“ meinte Paul unverbindlich.
„Das geht bei Ihren 1,80 m natürlich noch, aber viel mehr sollten es auch nicht werden.“
„Ich werd drauf achten.“ Sagte Paul.
„Gut, ansonsten ist aber alles in Ordnung.“ Meinte der Arzt. „Jetzt gehen sie bitte noch in den Raum da drüben, da steht ein kleines Töpfchen in das Sie bitte eine Spermaprobe abgeben.“ Das war jetzt neu für Paul, soweit war man bei der Musterung nicht gegangen. Er nickte kurz und betrat den Raum. Darin stand ein Stuhl und ein Tisch auf dem das besagte Plastiktöpfchen stand und daneben ein Stapel mit Pornohefen und ein Packung mit Kleenex-Tüchern. Paul musste grinsen. Genau so hatte er sich die Abgabe ein Spermaprobe immer vorgestellt. Er blickte sich in dem Raum um. Es war alles sauber. Dann setzte er sich. „Komisch,“ dachte er, „wie viele wohl schon vor mir auf diesem Stuhl gesessen und gewichst haben?“ Er beugte sich nach vorne und blätterte kurz den Stapel mit Hefen durch. Aber so richtig gefiel ihm keines davon, also machte er es wie immer. Hose auf, Schwanz in die Hand und den Rest erledigte die Phantasie. Normalerweise versichte er es so lange wie möglich herauszuzögern, aber hier ging es ja nur ums Ergebnis und deshalb bewegst er einfach nur die Hand mechanisch hin und her bis es kam. Wo die andere Hand ihm normalerweise ein Taschentuch hinhielt war diesmal das Töpfchen. Nach zwei Minuten war er fertig. Er griff zu einem Kleenex und wischte seine Eichel sauber. Das Töpfchen verschloss er mit dem dazugehörigen Deckel, machte sein Hose wieder zu und öffnete die Tür.
„Bitte sehr.“ Sagte er und gab dem Arzt das Töpfchen.
„Gut,“ meinte der Arzt, „das war’s dann auch für’s erste. Wenn sie sich nicht verletzen oder aus sonst einem Grund hierhin müssen sehen wir uns dann zur nächsten Routineuntersuchung in drei Monaten wieder. Auf Wiedersehen.“
„Wiedersehen.“ Sagte Paul. „Dann also wieder für drei Monate Ruhe.“ Dachte er im Hinausgehen. „Und dann wieder die ganze Prozedur. Naja, aber mit mal zu mal wird es ja immer mehr zu Routine.“
Jetzt da er offiziell als tauglich ausgewiesen war bekam er seine Soldatenutensilien, Kleidung, Schlafsack, Rucksack, Feldbett und so weiter. Alles in allem schleppte er gut fünfzig Kilogramm Utensilien zu seiner Stube. Es war ein Sechserzimmer. Er schloss die Sachen in den ihm zugewiesenen Spint und ging zu dem Raum in dem er gleich auf seinen Vorgesetzten Treffen sollte. Der Raum war wie ein Klassenzimmer eingerichtet, mit der Ausnahme dass es nur Einzeltische gab. Etwa 20 andere saßen schon in dem Raum. Paul setzte sich in eine der hinteren Reihen neben einen der anderen Soldaten.
„Hallo,“ sagte Paul nachdem er Platz genommen hatte und reichte seinem Nebenmann die Hand, „ich bin Paul.“
„Adrian.“ Sagte dieser als er ihm die Hand schüttelte. Auch dessen Nebenmann reichte Paul die Hand.
„Marc“ sagte dieser. Der daneben war gerade mit einem Anderem im Gespräch und so ließ Paul es im Moment bei den zwei Begrüßungen bewenden.
„Seit ihr auch heute neu hier?“ fragte er um das Gespräch ein bisschen ins Laufen zu bringen.
„Jawohl“ antwortete Marc. Paul musste lachen.
„Stimmt.“ sagte er, „das hab’ ich eben auch schon zu hören bekommen, das man hier sehr auf den Ton achtet.“
„Und da legen die wirklich extremen Wert drauf.“ Meinte Adrian. „Ich hab’ eben auf dem Flur schon eine Anschiss bekommen weil ich nicht ordentlich gegrüßt habe.“
„Tja,“ meinte Paul. „Das liebe Bundleben. Und, was hat Euch hierhin verschlagen?“
„Ja,“ meinte Marc, „wohl das selbe wie Dich. Die Pflicht. Auf Arschabputzen bei Alten Leuten hatte ich dann wirklich nicht so die Lust gehabt, was bliebe da anderes übrig.“
„Stimmt, das hätte ich mir auch nicht gerne angetan,“ meinte Paul, „aber bei mir lag’s auch daran, dass ich durch Zivi nicht mehr rechtzeitig ins nächste Sommersemester kommen könnte.“
„Ach,“ meinte Adrian trocken, „noch so’n Abiturient.“
„Ach,“ sagte Paul überrascht, „wer denn noch?“
„Meine Wenigkeit.“ Meldet sich Marc zu Wort.
„Und ich hab’ schön den klassischen Weg gewählt,“ meinte Adrian, „Hauptschule, dann Ausbildung zum Maler und Lackierer und jetzt Bund.“
„Ahso.“ sagte Paul und versuchte dabei möglichst wertfrei zu bleiben. Klar, hätte ihn auch gewundert wenn er hier auf einmal nur auf Abiturienten gestoßen wäre. Nunja, das würde aber schon klappen, viele seiner Freunde hatten auch nur die Haupt- oder Realschule besucht und waren trotzdem super Typen. Hier beim Bund kam es ja tatsächlich auf andere Dinge an als dass man zwei Fremdsprachen konnte oder in der Lage war chemische Gleichungen aufzustellen. Sie unterhielten sich noch ein bisschen über sie und das während sich der Raum immer mehr füllte. Plötzlich trat ein Mann in Uniform herein und stellte sich vorne vor die Tafel. Sofort stellten sich die Gespräche ein und alle richteten ihren Blick nach vorne.
„Na endlich ist Ruhe hier in dem Sauhafen!“ brüllte der Ausbilder. „Das eines klar ist: Ich bin hier der Boss und ihr seid gar nichts! Was ich sage wird gemacht und sonst nichts. Mein Name ist Schmitt, Oberleutnant Schmitt und so werde ich von Euch auch angeredet, ist das klar?“ Ein Gemisch aus „Jawohl“, „Ja“, „Ok“ und „Klar“ kam ihm als Antwort entgegen.
„Ich glaub’ ich hör nicht richtig!“ brüllte Schmitt und bekam allmählich eine immer rötere Gesichtsfarbe. „ ‚Jawohl, Oberleutnant Schmitt!’ heißt das und sonst nichts! Ist das Klar?“ Diesmal bekam er ein eintimmiges „Jawohl, Oberleutnant Schmitt“ zurück.
„Geht doch, ihr Pfeifen.“ brüllte der Oberleutnant. „So, man hat mir hier eine Liste gegeben wo ihr Säcke draufsteht. Ich lese die jetzt vor und dann sehen wir ja ob alle da sind, die da sein sollten oder ob wir einen Drückeberger haben. Bachmann, Stefan!“ Der Soldat mit dem zutreffenden Namen hob sein Hand.
„Stehen Sie gefälligst auf wenn ich mit Ihnen rede, sie Sack!“ brülle Schmitt ihn an. Sofort sprang Bachmann auf und brüllte dem Ausbilder ein „Jawohl, Oberleutnant Schmitt“ entgegen.
„Ihren Namen zu erst, oder soll ich mir einen für Sie ausdenken?“ kam als antwort von Schmitt zurück. Irgendjemand in den Hinteren Reihen beging den Fehler als Scherz „Private Paula“ dazwischen zu rufen. Unglücklicherweise hatte Schmitt gemerkt wer es gewesen war.
„So, hier will also jemand witzig sein! Haha, da lache ich mich doch wirklich tot! Vor allem wo ich doch so ein großer Stanley Kubrik Fan bin. Vortreten!“ Was sollte der Arme tun als nach vorne zum Ausbilder vorzutreten. „Wie ist Ihr Name?“ fragte Schmitt ihn.
„Fischer, Karsten Fischer, Herr Oberleutnant!“ antwortete der Gefragte in einem halbwegs brüllenden Ton.
„Bullschitt“ brüllte Schmitt ihm im klassischen „Full Metal Jacket“-Ton an. „Sie heißen jetzt ‚Private Dummschwätzer“. Ist das Klar?“
„Jawohl, Oberleutnant Schmitt!“ diesmal beging der Soldat nicht den Fehler irgendetwas andere zu tun.
„Setzen, Private Dummschwätzer!“ Fischer ging zu seinem Tisch zurück und setzte sich. Sein Gesicht war knall rot. Einige der anderen mussten grinsen, doch versuchten sie sich so schnell wie möglich wieder zu konzentrieren, denn keiner hatte Lust auch aufzufallen. Oberleutnant Schmitt ging in der Liste weiter. Jeder der aufgerufen wurde stand nun auf, wiederholte seinen Namen und fügte die so wichtige Schlussfloskel bei. Das ging ganz gut bis sich beim
Buchstaben „E“ auf einmal die Tür öffnete und ein weiterer Soldat hereinkam. Er war wie die anderen auch noch in Zivil gekleidet, also ebenfalls ein Neuer.
„Tschuldigung, habe mich verspätet.“ Murmalte er und nickte dem Ausbilder kurz zu. Er wollte gerade auf freien Platz zugehen als von vorne ein lautes:
„Ich glaub’ mein Schwein pfeift!“ kam. „Da haben wir ja unseren Drückeberger! Wohl keine Lust auf Bund gehabt, lieber zu Hause an Mamas Brust geblieben, was?“
„Ich habe mich auf dem Hinweg verfahren!“ gab der Soldat recht genervt als Entschuldigung zurück. ‚Wohl auch so einer der sich nicht so einfach zur Sau machen lässt.’ Dachte Paul.
„Ach, dann tut mir das natürlich furchtbar Leid!“ gab Schmitt in einem unwahrscheinlich sanften aber von Sarkasmus gespickten Ton zurück. „20!“ brüllte er ihm daraufhin jedoch entgegen. Der Soldat sah ihn jedoch nur unverständlich an.
„20 ‚was’ bitte?“ fragte er nach.
„Ja bin ich denn hier auf dem Mond oder was?“ entfuhr es dem wütenden Schmitt. “Liegestützen, Du Dumpfbacke.“
„Also erlauben sie mal.“ Entgegnete der Soldat in empörtem Ton. „Ich habe Ihnen ganz höflich erklärt warum ich zu spät kam. Was fällt Ihnen dann ein mich zu Beleidigen!“
„Wie heißen sie denn?“ fragte Schmitt wieder in seinem zynischen Ton.
„Markus Becker“ antwortete der Soldat.
„Oh, Eure Hoheit, bitten Sie vielmals um entschuldigjung, hätte ich geahnt das sie der berühmte Herr Becker sind hätte ich mich natürlich sofort vor Sie niedergeworfen und ihnen die Füße geküsst. Aber ich bin ja nur den dumme unwissende Oberleutnant Schmitt, Ihr Ausbilder und Vorgesetzter. Die nächsten vier Wochenenden keinen Ausgang! Und jetzt raus hier!“ Becker blieb noch einen Moment stehen und blickte Schmitt mit wütendem Blick an. Dann drehte er sich um und verließ den Raum. Dabei knallte er die Tür so heftig zu dass die ganzen Tische im Raum bebten.
„So, noch irgendwelche Berühmtheiten hier in dem Raum die ich kennen lernen sollte?“ brüllte Schmitt. „Gut, dann also weiter!“ jetzt ging es flüssig voran, denn nach dem eben erlebten erlaubte sich keiner auch nur den kleinsten Mucks. Als sie zum Ende gekommen waren sagte Schmitt:
„So, und jetzt marsch in Eure Stuben und zieht diesen Zivilistenfummel aus. In fünf Minuten steht ihn mir in pikobello Uniform wieder hier!“
„Jawohl, Oberleutnant Schmitt!“ ertönte es. Die Soldaten liefen aus dem Raum und in Richtung ihrer Stuben. Fünf Minuten zum anziehen waren ganz schön knapp, zumal die Uniformen für sie ja neu waren. So blieb es natürlich nicht aus dass einige sich wegen zuspätkommens, andere wegen nicht korrekt sitzenden Sachen einen Anschiss einfingen. Fast jeder hörten an diesem Tag noch wie die unerbittliche Stimme des Oberleutnant ihn ein Stückchen schrumpfen ließ. Nach zweieinhalb Stunden hatten sie dann aber eine Stunde Pause, bevor es mit dem Drill weitergehen sollte. Die Zeit nutzten die meisten um auf die Stube zu gehen und ihre Mitbewohner kennen zu lernen.
Sein erstes Zusammentreffen mit dem Soldatenleben verlief aber schon alles andere als zufriedenstellend. Bereits am Tor musste er sich einen dummer Spruch des diensthabenden Soldaten über sein neues „wohl von Mami geschenktes“ Auto anhören. Er fuhr weiter zum Parkplatz für die Soldaten und stellte sein Auto ab und ging er zum Empfang. Auf dem Weg dahin kreuzte er unabsichtlich den Marschweg einer Truppe und musste sich deswegen weitere scharfe Kommentare anhören. Am Empfang dann die nächste Station:
„So, Sie sind also der Herr Kern.“ Murmelte der Bedienstete während er im Computer nach Paul’s Daten suchte.
„Genau“ antwortete Paul.
„Das können Sie sich schon mal gleich abgewöhnen. Bei uns heißt das ’Jawohl’ und dann möglichst noch den Dienstgrad dahinter.“ Raunte der Mann zurück.
„Ok.“ Meinte Paul in einem nicht viel freundlicheren Ton zurück. Das hatte er sich geschworen, dass er sich nicht so anschnauzen lassen würde wie man es im allgemeinen vom Bund hörte. Er hatte immer gute Umgangsformen gehabt und war auch immer gute Umgangsformen anderer gewohnt gewesen. Es konnte ja schließlich nicht angehen dass man hier unter seiner Würde behandelt werden würde. Das hier eben ging ja noch gerade, das war man ja auch von so manchem Büro gewohnt (obwohl Paul auch dann, wenn er der Behörde nicht unabdingbar ausgeliefert war in einem solchen Fall schon des öfteren Streit angefangen und sich auch schon einige Male bei den Vorgesetzen derjenigen beschwert hatte). Aber sollte es hier zu größeren Ausrastern der Vorgesetzten kommen würde er nicht einfach stillschweigen. Zur Not, das hatte er sich als letzt Möglichkeit eingeplant würde er die Presse informieren und Gerichtlich vorgehen. Denn so, erhoffte er sich insgeheim, könnte er zum einen ein kleines finanzielles Sümmchen für Interviews mit den Medien erwarten und ausserdem vielleicht auch ein kleines Bisschen zur Abschaffung der Wehrpflicht beitragen.
Aber das war nicht sein Primärziel, er wollte eigentlich nur so schnell und unbeschadet wie möglich sein Studium anfangen.
„Wie heißt das?“ Der Mann hatte sich ruckartig herumgedreht und schaut ihn mit finsterem Blick an.
„Jawohl.“ Seufzte Paul genervt zurück.
„Na geht doch.“ Meinte der Mann und wandte sich wieder Pauls Akte zu. „Aha, Kanonenfutter.“ Sagte der Mann auf einmal und Blickte Paul grinsend an. Der war aber nur die Stirn in Falten und versuchte so anzudeuten, dass er nicht verstand was der Mann damit meinte.
„Abiturient. Klar?“ sagte der Mann und das Grinsen in seinem Gesicht wurde in bisschen breiter. „Aber keine Angst, ein paar von Euch überleben immer.“
„Sehr witzig!“ gab Paul schnippig zurück. Er konnte über solche herablassenden Äußerungen gar nicht lachen. Er hatte schon gehört das die Wehrpflichtigen zu einem Grossteil Hauptschüler oder noch größere Schwarzlichtleuchten waren und Abiturienten dementsprechend nicht zu den beliebtesten gehörten, aber dass er das schon hier am Empfang zu hören bekam ärgerte ihn dann doch. Er verkniff sich aber einen weiteren Kommentar denn er wollte das dieser Kerl ihm endlich sagte wo er hinmusste und er dann gehen konnte.
„Solche Problem haben wir mit solchen wie Dir immer am Anfang. Aber das wird sich schon geben.“ Paul sagte – nichts! „So,“ sagte der Mann und gab Paul einen Zettel in die Hand. „dann gehen Sie mal da die Treppe rauf und melden sich mit diesem Zettel in Zimmer 1.34.“
„Danke. Wiedersehen.“ Sagte Paul in einem bewusst überspitzt höflich Ton der das ganze ins lächerliche zog.
„Wie gesagt, das wird sich schon noch geben...“ rief ihm der Mann hinterher.
Paul klopfte an der Tür von 1.34 an.
„Herein!“ rief ein Stimme. Paul betrat den Raum. Es waren einige Medizinische Geräte darin und an einem Schreibtisch saß ein Mann in einem weißen Kittel. Paul ahnte was nun kommen würde. Die Untersuchung hatte er schon damals bei der Musterung als so was von menschenunwürdig angesehen, aber was sollte er dagegen tun.
„Guten Tag.“ Sagte Paul. Er war zwar gefasst wieder einen schnippigen Kommentar zurückzubekommen, so wie das auch schon bei fast jedem Beamten auf dem Kreiswehrersatzamt der Fall war, aber trotzdem wollte er es zunächst im Guten versuchen. Zu seiner Überraschung bekam er aber ein „Guten Tag“ zurück.
„Setzten sie doch bitte.“ Forderte ihn der Arzt auf. Nahm auf dem Stuhl gegenüber vor dem Tisch platz und reichte dem Arzt den Zettel. Der betrachtete ihn kurz, tippte dann etwas in seinem Computer ein und meinte: „So, Herr Kern. Sie treten also heute Ihren Wehrdienst an. Na, dann wollen wir mal sehen, ob sie auch tauglich sind. Sie kennen das ja wahrscheinlich noch von der Musterung , da drüber steht ein Paravent, dahinter befindet sich ein Hocker. Bitte komplett entkleiden, auch Socken und Unterhose.“ Wie Paul erwartet hatte. Er ging hinter den Paravent und zog sich aus. Dann trat er dahinter hervor und stellte sich vor den Schreibtisch des Arztes. Vor diesem Moment hatte er damals bei seiner Musterung große Angst gehabt, denn er fürchtete damals dass er einfach so eine Latte bekommen könnte, was natürlich einen merkwürdigen Eindruck gemacht hätte. Aber seit damals wusste er dass ihm das in allen Situationen ausser solchen passieren konnte, denn hier war er viel zu Aufgeregt um einen hochzubekommen. Der Arzt kam hinter seine Tisch hervor, hörte ihm mit seinem Stethoskop auf Brust und Rücken ab, schob ihm ein Holzstäbchen in den Rachen, untersuchte seien Augen und seine Ohren. Eine Blutprobe und eine Urinprobe verlangte der Arzt noch von ihm, sowie ein paar Tests zum räumlich und zum Farbsehen sowie zum Hören. Dann ging er zu den unangenehmern Teilen über, sprich er betastete Pauls Hoden, zog seien Vorhaut zurück und machte sich schließlich auch noch ein Bild von seiner Prostata, mit dem Bekannten Satz „und jetzt husten Sie mal“. Paul war das ganze genau so unangenehm wie
damals bei der Musterung, aber jetzt wusste er wenigstens was auf ihn zukommen würde und wie lange es dauerte. Dann ging’s ans Vermessen: Körpergrößer, Armlänge, Beinlänge, Fußlänge, Hals-, Brust-, Bauch- und Beckenumfang. Dann musste Paul sich auf eine Waage stellen.
„83 kg.“ Sagte der Arzt laut vor sich hin während er die Zahl in eine Tabelle eintrug. „Das waren aber bei der Musterung noch zwei weniger, gell?“
„Tja,“ meinte Paul unverbindlich.
„Das geht bei Ihren 1,80 m natürlich noch, aber viel mehr sollten es auch nicht werden.“
„Ich werd drauf achten.“ Sagte Paul.
„Gut, ansonsten ist aber alles in Ordnung.“ Meinte der Arzt. „Jetzt gehen sie bitte noch in den Raum da drüben, da steht ein kleines Töpfchen in das Sie bitte eine Spermaprobe abgeben.“ Das war jetzt neu für Paul, soweit war man bei der Musterung nicht gegangen. Er nickte kurz und betrat den Raum. Darin stand ein Stuhl und ein Tisch auf dem das besagte Plastiktöpfchen stand und daneben ein Stapel mit Pornohefen und ein Packung mit Kleenex-Tüchern. Paul musste grinsen. Genau so hatte er sich die Abgabe ein Spermaprobe immer vorgestellt. Er blickte sich in dem Raum um. Es war alles sauber. Dann setzte er sich. „Komisch,“ dachte er, „wie viele wohl schon vor mir auf diesem Stuhl gesessen und gewichst haben?“ Er beugte sich nach vorne und blätterte kurz den Stapel mit Hefen durch. Aber so richtig gefiel ihm keines davon, also machte er es wie immer. Hose auf, Schwanz in die Hand und den Rest erledigte die Phantasie. Normalerweise versichte er es so lange wie möglich herauszuzögern, aber hier ging es ja nur ums Ergebnis und deshalb bewegst er einfach nur die Hand mechanisch hin und her bis es kam. Wo die andere Hand ihm normalerweise ein Taschentuch hinhielt war diesmal das Töpfchen. Nach zwei Minuten war er fertig. Er griff zu einem Kleenex und wischte seine Eichel sauber. Das Töpfchen verschloss er mit dem dazugehörigen Deckel, machte sein Hose wieder zu und öffnete die Tür.
„Bitte sehr.“ Sagte er und gab dem Arzt das Töpfchen.
„Gut,“ meinte der Arzt, „das war’s dann auch für’s erste. Wenn sie sich nicht verletzen oder aus sonst einem Grund hierhin müssen sehen wir uns dann zur nächsten Routineuntersuchung in drei Monaten wieder. Auf Wiedersehen.“
„Wiedersehen.“ Sagte Paul. „Dann also wieder für drei Monate Ruhe.“ Dachte er im Hinausgehen. „Und dann wieder die ganze Prozedur. Naja, aber mit mal zu mal wird es ja immer mehr zu Routine.“
Jetzt da er offiziell als tauglich ausgewiesen war bekam er seine Soldatenutensilien, Kleidung, Schlafsack, Rucksack, Feldbett und so weiter. Alles in allem schleppte er gut fünfzig Kilogramm Utensilien zu seiner Stube. Es war ein Sechserzimmer. Er schloss die Sachen in den ihm zugewiesenen Spint und ging zu dem Raum in dem er gleich auf seinen Vorgesetzten Treffen sollte. Der Raum war wie ein Klassenzimmer eingerichtet, mit der Ausnahme dass es nur Einzeltische gab. Etwa 20 andere saßen schon in dem Raum. Paul setzte sich in eine der hinteren Reihen neben einen der anderen Soldaten.
„Hallo,“ sagte Paul nachdem er Platz genommen hatte und reichte seinem Nebenmann die Hand, „ich bin Paul.“
„Adrian.“ Sagte dieser als er ihm die Hand schüttelte. Auch dessen Nebenmann reichte Paul die Hand.
„Marc“ sagte dieser. Der daneben war gerade mit einem Anderem im Gespräch und so ließ Paul es im Moment bei den zwei Begrüßungen bewenden.
„Seit ihr auch heute neu hier?“ fragte er um das Gespräch ein bisschen ins Laufen zu bringen.
„Jawohl“ antwortete Marc. Paul musste lachen.
„Stimmt.“ sagte er, „das hab’ ich eben auch schon zu hören bekommen, das man hier sehr auf den Ton achtet.“
„Und da legen die wirklich extremen Wert drauf.“ Meinte Adrian. „Ich hab’ eben auf dem Flur schon eine Anschiss bekommen weil ich nicht ordentlich gegrüßt habe.“
„Tja,“ meinte Paul. „Das liebe Bundleben. Und, was hat Euch hierhin verschlagen?“
„Ja,“ meinte Marc, „wohl das selbe wie Dich. Die Pflicht. Auf Arschabputzen bei Alten Leuten hatte ich dann wirklich nicht so die Lust gehabt, was bliebe da anderes übrig.“
„Stimmt, das hätte ich mir auch nicht gerne angetan,“ meinte Paul, „aber bei mir lag’s auch daran, dass ich durch Zivi nicht mehr rechtzeitig ins nächste Sommersemester kommen könnte.“
„Ach,“ meinte Adrian trocken, „noch so’n Abiturient.“
„Ach,“ sagte Paul überrascht, „wer denn noch?“
„Meine Wenigkeit.“ Meldet sich Marc zu Wort.
„Und ich hab’ schön den klassischen Weg gewählt,“ meinte Adrian, „Hauptschule, dann Ausbildung zum Maler und Lackierer und jetzt Bund.“
„Ahso.“ sagte Paul und versuchte dabei möglichst wertfrei zu bleiben. Klar, hätte ihn auch gewundert wenn er hier auf einmal nur auf Abiturienten gestoßen wäre. Nunja, das würde aber schon klappen, viele seiner Freunde hatten auch nur die Haupt- oder Realschule besucht und waren trotzdem super Typen. Hier beim Bund kam es ja tatsächlich auf andere Dinge an als dass man zwei Fremdsprachen konnte oder in der Lage war chemische Gleichungen aufzustellen. Sie unterhielten sich noch ein bisschen über sie und das während sich der Raum immer mehr füllte. Plötzlich trat ein Mann in Uniform herein und stellte sich vorne vor die Tafel. Sofort stellten sich die Gespräche ein und alle richteten ihren Blick nach vorne.
„Na endlich ist Ruhe hier in dem Sauhafen!“ brüllte der Ausbilder. „Das eines klar ist: Ich bin hier der Boss und ihr seid gar nichts! Was ich sage wird gemacht und sonst nichts. Mein Name ist Schmitt, Oberleutnant Schmitt und so werde ich von Euch auch angeredet, ist das klar?“ Ein Gemisch aus „Jawohl“, „Ja“, „Ok“ und „Klar“ kam ihm als Antwort entgegen.
„Ich glaub’ ich hör nicht richtig!“ brüllte Schmitt und bekam allmählich eine immer rötere Gesichtsfarbe. „ ‚Jawohl, Oberleutnant Schmitt!’ heißt das und sonst nichts! Ist das Klar?“ Diesmal bekam er ein eintimmiges „Jawohl, Oberleutnant Schmitt“ zurück.
„Geht doch, ihr Pfeifen.“ brüllte der Oberleutnant. „So, man hat mir hier eine Liste gegeben wo ihr Säcke draufsteht. Ich lese die jetzt vor und dann sehen wir ja ob alle da sind, die da sein sollten oder ob wir einen Drückeberger haben. Bachmann, Stefan!“ Der Soldat mit dem zutreffenden Namen hob sein Hand.
„Stehen Sie gefälligst auf wenn ich mit Ihnen rede, sie Sack!“ brülle Schmitt ihn an. Sofort sprang Bachmann auf und brüllte dem Ausbilder ein „Jawohl, Oberleutnant Schmitt“ entgegen.
„Ihren Namen zu erst, oder soll ich mir einen für Sie ausdenken?“ kam als antwort von Schmitt zurück. Irgendjemand in den Hinteren Reihen beging den Fehler als Scherz „Private Paula“ dazwischen zu rufen. Unglücklicherweise hatte Schmitt gemerkt wer es gewesen war.
„So, hier will also jemand witzig sein! Haha, da lache ich mich doch wirklich tot! Vor allem wo ich doch so ein großer Stanley Kubrik Fan bin. Vortreten!“ Was sollte der Arme tun als nach vorne zum Ausbilder vorzutreten. „Wie ist Ihr Name?“ fragte Schmitt ihn.
„Fischer, Karsten Fischer, Herr Oberleutnant!“ antwortete der Gefragte in einem halbwegs brüllenden Ton.
„Bullschitt“ brüllte Schmitt ihm im klassischen „Full Metal Jacket“-Ton an. „Sie heißen jetzt ‚Private Dummschwätzer“. Ist das Klar?“
„Jawohl, Oberleutnant Schmitt!“ diesmal beging der Soldat nicht den Fehler irgendetwas andere zu tun.
„Setzen, Private Dummschwätzer!“ Fischer ging zu seinem Tisch zurück und setzte sich. Sein Gesicht war knall rot. Einige der anderen mussten grinsen, doch versuchten sie sich so schnell wie möglich wieder zu konzentrieren, denn keiner hatte Lust auch aufzufallen. Oberleutnant Schmitt ging in der Liste weiter. Jeder der aufgerufen wurde stand nun auf, wiederholte seinen Namen und fügte die so wichtige Schlussfloskel bei. Das ging ganz gut bis sich beim
Buchstaben „E“ auf einmal die Tür öffnete und ein weiterer Soldat hereinkam. Er war wie die anderen auch noch in Zivil gekleidet, also ebenfalls ein Neuer.
„Tschuldigung, habe mich verspätet.“ Murmalte er und nickte dem Ausbilder kurz zu. Er wollte gerade auf freien Platz zugehen als von vorne ein lautes:
„Ich glaub’ mein Schwein pfeift!“ kam. „Da haben wir ja unseren Drückeberger! Wohl keine Lust auf Bund gehabt, lieber zu Hause an Mamas Brust geblieben, was?“
„Ich habe mich auf dem Hinweg verfahren!“ gab der Soldat recht genervt als Entschuldigung zurück. ‚Wohl auch so einer der sich nicht so einfach zur Sau machen lässt.’ Dachte Paul.
„Ach, dann tut mir das natürlich furchtbar Leid!“ gab Schmitt in einem unwahrscheinlich sanften aber von Sarkasmus gespickten Ton zurück. „20!“ brüllte er ihm daraufhin jedoch entgegen. Der Soldat sah ihn jedoch nur unverständlich an.
„20 ‚was’ bitte?“ fragte er nach.
„Ja bin ich denn hier auf dem Mond oder was?“ entfuhr es dem wütenden Schmitt. “Liegestützen, Du Dumpfbacke.“
„Also erlauben sie mal.“ Entgegnete der Soldat in empörtem Ton. „Ich habe Ihnen ganz höflich erklärt warum ich zu spät kam. Was fällt Ihnen dann ein mich zu Beleidigen!“
„Wie heißen sie denn?“ fragte Schmitt wieder in seinem zynischen Ton.
„Markus Becker“ antwortete der Soldat.
„Oh, Eure Hoheit, bitten Sie vielmals um entschuldigjung, hätte ich geahnt das sie der berühmte Herr Becker sind hätte ich mich natürlich sofort vor Sie niedergeworfen und ihnen die Füße geküsst. Aber ich bin ja nur den dumme unwissende Oberleutnant Schmitt, Ihr Ausbilder und Vorgesetzter. Die nächsten vier Wochenenden keinen Ausgang! Und jetzt raus hier!“ Becker blieb noch einen Moment stehen und blickte Schmitt mit wütendem Blick an. Dann drehte er sich um und verließ den Raum. Dabei knallte er die Tür so heftig zu dass die ganzen Tische im Raum bebten.
„So, noch irgendwelche Berühmtheiten hier in dem Raum die ich kennen lernen sollte?“ brüllte Schmitt. „Gut, dann also weiter!“ jetzt ging es flüssig voran, denn nach dem eben erlebten erlaubte sich keiner auch nur den kleinsten Mucks. Als sie zum Ende gekommen waren sagte Schmitt:
„So, und jetzt marsch in Eure Stuben und zieht diesen Zivilistenfummel aus. In fünf Minuten steht ihn mir in pikobello Uniform wieder hier!“
„Jawohl, Oberleutnant Schmitt!“ ertönte es. Die Soldaten liefen aus dem Raum und in Richtung ihrer Stuben. Fünf Minuten zum anziehen waren ganz schön knapp, zumal die Uniformen für sie ja neu waren. So blieb es natürlich nicht aus dass einige sich wegen zuspätkommens, andere wegen nicht korrekt sitzenden Sachen einen Anschiss einfingen. Fast jeder hörten an diesem Tag noch wie die unerbittliche Stimme des Oberleutnant ihn ein Stückchen schrumpfen ließ. Nach zweieinhalb Stunden hatten sie dann aber eine Stunde Pause, bevor es mit dem Drill weitergehen sollte. Die Zeit nutzten die meisten um auf die Stube zu gehen und ihre Mitbewohner kennen zu lernen.
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