von anonym
Es war schon nicht mehr ganz so früh am Morgen, als die Sonnenstrahlen sich ihren Weg durch die Lücke im Vorhang bahnten und mitten auf Veits Gesicht trafen.
Er haschte einen Blick auf seinen Wecker, es war neun Uhr, drehte sich um, und versuchte noch einen Moment zu schlafen. Irgendwann gab er auf, ärgerte sich ein wenig, und stand auf. „Sören hat es gut, auf seine Seite scheint die Sonne nie, wir sollten echt mal tauschen..“, dachte sich Veit, während Sören noch friedlich schlief.
Er ging erstmal ins Badezimmer, um sich für den Tag frisch zu machen. Veit und Sören waren Brüder. Zwillinge um genau zu sein. Schon seit ihrer frühsten Kindheit waren die beiden ein Herz und eine Seele. Spätestens, als sie feststellten, dass sie auch beide schwul waren, manifestierte sich dieses Verhältnis. Von dem Tag an waren sie unzertrennlich, und es gab eigentlich nichts, was sie nicht zusammen taten. So war es nur vollkommen klar, dass sie sich auch ihren Arbeitsplatz gemeinsam aussuchten. Vor ein paar Jahren hatten sie sich auf eine Ausbildung bei der Deutschen Bahn beworben, und tatsächlich auch beide einen Platz bekommen. Der Bahnhof in ihrer Stadt bot zwei Ausbildungsplätze an, die sie belegten. Mittlerweile ist ihre Ausbildung vorbei, und sie wurden dort übernommen. Während Veit im Service eingesetzt wird, ist Sören vornehmlich in der Zugansage tätig.
Veit stand nun nur mit Boxershorts bekleidet im Badezimmer, und betrachtete sich im Spiegel. Er war 1.85m groß, schlank, ein paar Haare zierten seine Brust. Er hatte dunkelblonde Haare, die er als Undercut geschnitten immer nach oben aufstellte, und braune Augen.
Wo er noch in Boxershorts war, stieg er mal wieder auf die Waage. Sie zeigte 75.4kg an. Zu wenig, wie Veit fand. Denn schon länger hegte er den heimlichen Wunsch, zuzunehmen. Das wusste noch nicht mal Sören, denn trotz dass sie ein solch inniges Verhältnis hatten, traute er sich weder, einfach zu beginnen, noch Sören davon zu erzählen.
Veit zog sich an, und wanderte in die Küche, um schon mal das Frühstück für sich und seinen Bruder vorzubereiten. Als die Ausbildung begann, waren sie in eine eigene Wohnung gezogen, um etwas unabhängiger zu sein, und gründeten eine Zweier-WG miteinander.
Inzwischen war auch Sören wach geworden. Genauso, wie Veit stiefelte auch er erstmal ins Badezimmer und machte sich frisch. Sören sah genau so aus, wie Veit, immerhin waren sie eineiige Zwillinge. Man konnte sie nur daran unterscheiden, dass Sören seine Haare, im Gegensatz zu Veit zur Seite trug, und nicht nach oben. Auch Sören stieg auf die Waage. Bei ihm waren es 76.7kg, und damit ein klein wenig mehr, als bei Veit. Er war schon immer ein klein wenig besser im essen gewesen. Das aber war nur sichtbar, wenn man genau hinsah. Sören strich sich über den flachen Bauch, schloss die Augen und träumte. Was Veit nicht wusste war, dass auch er schon länger den heimlichen Wunsch hatte, zuzunehmen. Sein flacher Bauch gefiel ihm schlichtweg nicht, und es hatten ihm schon immer mehr die dickeren Jungs angetan. Aber er hatte bedenken, was Veit wohl dazu sagen würde. Also behielt er es lieber für sich, und probierte auch nicht zuzunehmen, denn er hatte keine Lust, in Erklärungsnot zu kommen. Beide hatten unabhängig voneinander Angst, dass ihr Verhältnis darunter leiden könnte, wenn sie ihr Geheimnis dem anderen preisgaben. So lebten beide mit einem Geheimnis, von dem sie nicht wussten, dass der andere genau das gleiche hatte, denn auch Veit schaute seit jeher eher den dickeren Jungs hinterher.
Auch Sören zog sich an, und wanderte in die Küche, wo der Tisch schon reichhaltig gedeckt war.
„Guten Morgen, Bruderherz“, weckte Sören Veit, der gerade verträumt in sein Handy blickte, und die neuesten Meldungen auf Facebook durchstöberte.
„Na, du Schlafmütze? Ausgeschlafen?“, erwiderte dieser neckisch.
Sie frühstückten und unterhielten sich angeregt über alles mögliche. Veit hatte heute noch mal eine Spätschicht bevor beide Urlaub hatten, Sören hatte den Tag schon frei... zumindest dachte er das.
In dem Moment bekam er eine Nachricht von seiner Disponentin. Sie suchte jemanden für die zweite Spätschicht im Service. Sofort willigte er ein. Veit und Sören liebten diese Tage, an denen sie beide zusammen im Service arbeiten durften. Diese Tage gab es nicht oft, und dass gerade heute so einer sein sollte, machte alles noch viel besser. Sie aßen noch schnell auf, zogen sich um, und machten sich auf den Weg. Die Schichten, die sie zusammen hatten, machten immer einen heiden Spaß. Nachdem am Abend der Kollege, der die Tagschicht hatte, nach hause gegangen war, waren sie die beiden einzigen Mitarbeiter vor Ort, was zeitweise zu amüsanten Verwechslungen führte, da sich beide nur an ihrer Frisur unterschieden, und Sören heute noch dazu seine Mütze trug, weil er den Service am Bahnsteig machte. Aber das große Highlight ihrer gemeinsamen Schichten war noch immer, dass sie eine Pizza bestellten. Das machten sie immer so, wenn sie zusammen arbeiten durften, um das ganze auch zu feiern. Und so bestellten sie sich ihre Pizza, welche pünktlich zum Feierabend geliefert wurde. Sie schlossen die Info ab, und machten es sich mit der Pizza im Sozialraum gemütlich. Die Pizza war in nullkommanichts verputzt. Während Sören sich noch immer über die heutige Schicht mit Veit freute und voller Euphorie über den anstehenden Urlaub war, saß dieser nachdenklich auf seinem Stuhl. Er wollte nicht mehr länger mit diesem Geheimnis leben. Es musste bald raus, denn er merkte, wie es ihn unglücklich machte, nicht darüber reden zu können. Er überlegte, und begann damit, einen Plan zu schmieden...
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