Alle Teile der Geschichte findest du unter dem Label "Märchen"
„Wir müssen herausfinden, wer hier herumschleicht, irgendwelche Spuren muss es geben.“ sagte Hans. Beide rannten die Treppe nach unten, die unter ihrem Gewicht schwer ächzte und knarzte. Unten angekommen kam es ihnen vor, als wären sie schon wieder in einer völlig anderen Welt gelandet. Das Wohnzimmer, was gestern noch weihnachtlich dekoriert war, glich nun dem Palast eines Sultans.
Teppiche lagen auf dem Boden und alles war
über und über mit orientalisch anmutendem Goldschmuck bedeckt. Noch
bevor sie sich gegenseitig ihre Verwunderung kundtun konnten, hörten
sie eine Stimme. Es war das erste mal, seit sie dieses Haus gefunden
hatten, dass jemand zu ihnen sprach.
„Ah, die Herren sind aufgewacht!“
Beide drehten sich um und sahen hinter sich im Türbogen, der auf
einmal ebenfalls eine kunstvoll verzierte arabische Form hatte,
jemand stehen. Es war ein Mann, gekleidet wie der Sarotti-Mohr mit
Ballonhose und offener Weste, mediterrane Gesichtsfarbe und oben auf
dem rasierten Schädel einen Pferdeschwanz, der vom höchsten Punkt
des Kopfes nach hinten abfiel. Ein breites Grinsen drückte den
Van-Dyke-Bart um seinen Mund auseinander seine braunen Augen
blitzten. „Darf ich mich vorstellen: Zahid al Bagwahr Rhamen el
Nassrifan. Ihr könnt mich aber auch einfach 'Dschinn' nennen.“
„Wir wollen hier weg!“ rief Hans,
der als erster die Sprach wiedererlangte. „Wir möchten, dass Sie
uns gehen lassen.“ Der Dschin grinste nur und meinte:
„Ich habt wirklich noch nicht
verstanden, wo ihr hier seid, richtig?“ Dann bewegte er kurz die
Hand und Gregor und Hans flogen durch die Luft und landeten einige
Meter weiter hinten in weichen Sesseln. Sofort wollte Gregor
aufstehen, doch er war wie an des Sessel geklebt. Der Dschinn
schwebte nun auf sie zu und nahm vor ihnen im Schneidersitz auf einem
Schemel Platz. „Also vielleicht versuchen wir es nochmal in aller
Ruhe. Woran erinnert euch das hier alles?“
„An Alibaba und die 40 Räuber oder
Aladin und die Wunderlampe.“ platzte es aus Gregor heraus.
„Sehr gut.“ sagte der Dschinn und
rieb sich die Hände. „Und das Haus von Außen, wie sieht das aus?“
„Das Knusperhäuschen von Hänsel und
Gretel.“ Antwortete Hans.
„Ausgezeichnet, Hans.“ Der Dschinn
hielt einen Moment inne und blickte Hans intensiv an. Doch der war zu
verwirrt, dass ihm die offensichtliche Parallele zu seinem Namen
aufgefallen wäre, auf die der Dschinn hinaus wollte. Also fragte er
weiter. „Und gestern bei eurem Ausflug in den Wald, seid ihr da
nicht jemandem begegnet?“
„Rumpelstilzchen!“ riefen beide
gleichzeitig. „Da ist hier so eine Art Märchenwelt?“ fragte Hans
ungläubig.
„Na endlich habt ihrs!“ Der Dschinn
seufzte tief. „Und dann fragt ihr euch im Ernst noch, warum ihr
diesen Ort nicht verlassen könnt?“
„Ja“, antwortete Gregor. „das
frage ich mich trotzdem!“
„Nun dann will ich es Euch erklären.“
Der Dschinn bewegte noch einmal kurz den Finger und vor allen drei
schwebten gläserne Teetassen. Und Schüsseln mit türkischen
Süßspeisen. „Greift derweil zu, es könnte euer Fortkommen
beschleunigen.“ Hans und Gregor blickten sich mit hochgezogenen
Augenbrauen an, doch dann taten sie, wie der Dschinn ihnen geraten
hatte und nahmen jeder eine Pistazienpraline. Der Dschinn schlürfte
unterdessen einen Schluck aus seiner Teetasse und begann mit der
Erzählung. „Ihr seid hier an einem Ort, wo alle Märchen und
Geschichten der Welt zusammenlaufen. Die Volksmärchen der Gebrüder
Grimm, die Erzählungen aus Tausend-und-Einer-Nacht, amerikanische
Märchen aus dem 19. und 20. Jahrhundert und was es sonst noch an
Fantastischem gibt. Nun ist es aber so, dass alle Geschichten Helden
benötigen und eine Aufgabe, die sie zu erfüllen haben, sonst wären
sie langweilig. Und da kommt ihr ins Spiel, denn euer Märchen
handelt davon, ob und wie ihr es schafft von hier wegzugelangen. Dass
das nicht so einfach geht, habt ihr ja schon gesehen. Es gibt
Hindernisse und Probleme und ihr müsst Aufgaben erfüllen, um dem
Ziel schrittweise näher zu kommen.“
„Na dann los, was müssen wir tun?“
Hans blickte den Dschinn gebannt an.
„Oh ihr seid schon mitten dabei und
habt auch schon ein Stück eures Weges geschafft.“ sagte der
Dschinn grinsend. „Nehmt doch noch etwas Süßes!“ Hans griff wie
geheißen zu doch Gregor stoppte.
„Moment, ich habe eine Vermutung.“
Gregor beobachtet, wie der Dschinn den Atem anhielt. Anscheinend
waren sie der Lösung näher gekommen. „Seid wir hier angekommen
sind, dreht sich alles um Essen. Dieses ganze Haus ist essbar und
alles was uns begegnet, hat irgendwie mit Nahrungsaufnahme zu tun.
Dann unsere Namen, Hans und Gregor, das klingt doch schon fast wie
'Hänsel und Gretel'! Ist es das? Müssen wir uns unseren Weg hier
heraus 'erfressen'?“
„Hurra!“ der Dschinn sprang auf vor
Begeisterung. „Ihr habt es endlich herausgefunden! Das wird Eure
Aufgabe sein, ihr müsst euch zum Ziel fressen. Und jetzt, da ihr von
selbst darauf gekommen seid, darf ich euch auch den Weg aufzeigen.“
Er ging zur Wand und stellte sich vor einen Spiegel. Dann wischte er
einmal mit der Hand über das Glas und statt der Reflektion des
Raumes sahen sie auf einmal Nebel und Wolken und dann erblickten sie
einen dunklen Raum, in dem nur ein kleiner Lichtschein flackerte. Der
Dschinn wischte wieder über den Spiegel und der Lichtschein kam auf
sie zu. Jetzt erkannten sie, was es war. Eine goldene Öllampe an
deren Tülle eine Flamme brannte.
„Das ist euer Ziel.“ sagte der
Dschinn und trat zur Seite. „Diese Flamme müsst ihr löschen um
mich zu erlösen.“
„Und dann kommen wir weg von hier?“
fragte Gregor. „Na dann sag uns, wo die Lampe brennt und wir machen
uns auf den Weg.“
„Ganz so einfach ist es leider
nicht.“ Der Dschinn setzte sich wieder vor die Beiden und griff zu
seiner Teetasse. „Ihr müsste wie gesagt Aufgaben bewältigen und
wie ihr ja schon richtig herausgefunden habt, hat es mit Essen zu
tun. Ich kann Euch zwar immer zu Beginn einer Aufgabe mit Rat zur
Seite stehen, aber darf Euch nicht verraten, wie nah ihr dem Ziel
schon gekommen seid. Alles, was ihr bisher schon erlebt habt war
gewissermaßen ein Test, ob ihr euch überhaupt eignet. Das lief
bisher ganz gut, wenn ich mir so eure Bäuche ansehe, doch ihr müsst
wissen dass ihr noch viel, viel dicker werden werdet, wenn ihr es bis
zur Lampe schaffen wollt.“
„Und was wenn wir das nicht wollen?“
frage Hans.
„Dann bleibt ihr hier in dem Haus und
auf der Lichtung. Ihr werdet normal altern aber ihr werdet keine
Kontakt zur Außenwelt haben. Bis an euer Lebensende.“
„Klingt auf Dauer ein bisschen öde.“
sagte Gregor und blickte Hans zweifelnd an. Der nickte nur und
meinte:
„Na was haben wir für eine Wahl,
müssen wir es eben versuchen.“
„Ich Danke euch.“ sagte der Dschinn
und stand auf. Er schloss die Augen und war auf einmal in einer
Nebelsäule verschwunden, die Augenblicklich in sich zusammenbrach
und sich über den Fußboden verteilte. Im selben Moment öffnete
sich die Haustür und davor stand der Kapuzenmann aus dem Wald.
Hans und Gregor hielten den Atem an und
blickten in die glühenden, roten Punkte, die seine Augen waren. Er
schritt durch die Tür und als er drinnen war, streifte er die Kapuze
ab, so dass sie sein Gesicht sehen konnten. Seine Haut war lederig
gegerbt und zauselige Haare umspielten sein Gesicht. Am Kinn hatte er
einen Spitzbart, der weit nach unten reichte.
„Soso, ihr seid also die beiden, die
sich für den Dschinn meinen Prüfungen stellen wollen.“ krächzte
er mit unangenehm heiserer Stimme. „Na dann kommt mal mit.“ Hans
und Gregor erhoben sich aus den Sesseln und folgten Rumpelstilzchen.
Als sie die Türschwelle durchschritten waren sie auf einmal in die
die gleichen Mäntel gekleidet, wie Rumpelstilzchen einen trug. Der
drehte sich um und baute sich vor ihnen auf.
„Ich glaube ja nicht, dass ihr es
sehr weit schaffen werdet, aber versucht es ruhig.“ Dann hob er die
Arme und malte mit seinen Händen einen großen Kreis. Da wackelte
der Boden und hinter ihm wuchs eine weiße Mauer aus dem Boden.
Erschrocken traten Hans und Gregor einen Schritt zurück und sahen
zu, wie die Mauer an Breite und Höhe anwuchs, bis sie um das gesamte
Haus ragte. „So, das wäre eure erste Prüfung. Ich glaube ja, dass
es zu gleich auch die letzte ist.“ sagte Rumpelstilzchen kichernd,
dann drehte er sich um und schritt auf die Mauer zu. Als er sie
berührte teilte sich sich und er konnte ungehindert hindurch
schreiten. Hans lief schnell hinterher doch als er die Wand erreicht
hatte, war sie bereits wieder geschlossen. Er klatschte mit dem
Gesicht dagegen und schreckte überrascht zurück. Die Mauer hatte
ein wenig nachgegeben, er hatte sogar ein bisschen davon abgerieben.
An seinen Lippen spürte er etwas Süßliches, also steckte er einen
Finger in die Wand. Der Finger versank und er konnte ein Stückchen
aus der Mauer herausbrechen. An seinem Finger klebte eine weiße
Substanz. Vorsichtig steckte er den Finger in den Mund und leckte ihn
ab. Milchreis. Ganz eindeutig Milchreis mit einer Spur Zimt.
Mittlerweile war Gregor zu ihm gekommen und probierte auch von der
Mauer.
„Das ist weicher Milchreis“, sagte
er zu Hans. „den können wir doch einfach wegschaufeln.“ Beide
begannen ihre Hände in den Milchreis zu graben und ihn auf den Boden
zu schaufeln. Doch sobald sie ein Loch gemacht hatten, sackte wieder
neuer Brei nach und das Loch schloss sich.
„Das wäre zu einfach.“ hörten sie
hinter sich die Stimme des Dschinn. „Ihr müsst euch einen Weg
hindurch essen, nur dann bildet sich ein Tunnel.“
„Oh mein Gott.“ stöhnte Hans. „Und
wie dick ist diese Wand?“ Doch da war der Dschinn schon wieder
verschwunden.
„Na dann mal los.“ sagte Gregor und
stopfte sich die erste Hand Milchreis in den Mund. Hans zog die
Augenbrauen hoch, doch dann begann auch er zu essen.
Kommentare
schreib blos schnell weiter bin total gespannt wie es weiter geht nen bisschen mehr wert auf alkohol vieleich und das die jungs vom vielen fressen geil und geiler werden sollte man auch bedenken:) ok passt nicht in die märchenwelt ist aber ein gedanke der mir sehr gefallen würde........
Ich hoffe, die beiden haben noch eine lange Reise vor sich, auf der sie noch extrem an Gewicht zulegen!
Schreib bitte schnell weiter, bin schon ganz neugierig wie es weitergeht!!!